Definition Organisationscoaching

Coaching kennt heute fast jeder. Es gibt Einzelcoaching, Teamcoaching, Karrierecoaching etc. Aber Organisationscoaching? Was soll das denn sein? Und braucht es dafür tatsächlich eine eigene Definition? Unserer Meinung nach: ja.

Schauen wir ein wenig in die Literatur. Nach Schmid (2014) spricht man von Organisationscoaching, wenn “…die Organisation, die Gestaltung und Entwicklung von Organisationsleben und die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Organisation als Deutungsrahmen und Gestaltungsdimensionen im Zentrum stehen [..]. Die Fokussierung und das Vorgehen im Coaching sollten auf diese ganzheitliche Organisationsbetrachtung bezogen werden, auch wenn situativ Teilperspektiven behandelt werden.”

Diese Definition enthält bereits einige wichtige Elemente:

  • die Organisation als Ganzes im Zentrum der Betrachtung
  • Organisationscoaching als komplexes, systemisches Geschehen
  • Implizit: Erweiterung der Lösungskompetenz (sonst kein Coaching)

Obwohl diese Definition nicht falsch ist, ist sie meiner Meinung nach nicht präzise genug. Ich will daher im Folgenden anhand von vier Kernfragen eine erweiterte Definition von Organisationscoaching mit etwas mehr „Tiefenschärfe“ vorschlagen.

Was ist Organisationscoaching?

Kurz gesagt: Organisationscoaching beschreibt die gezielte Prozessbegleitung von Systemen im Organisationskontext, mit dem Wohl der Organisation als integrierendem Fokus. Das bedeutet einerseits, „Subsysteme“ wie einzelne Führungskräfte oder Teams zu coachen und andererseits dabei immer das übergeordnete Ziel der ganzen Organisation im Auge zu behalten. Ein Organisationscoach muss auf das fokussieren, was nah vor ihm liegt und gleichzeitig „den Horizont im Blick behalten“ – eine komplexe, anspruchsvolle Aufgabe, die Übersicht und Geduld erfordert. Das kann im Praxisfall dazu führen, dass beispielsweise eine Führungskraft gecoacht wird, deren Thema nichts mit dem Organisationscoaching-Auftrag zu tun hat – das Coaching einer anderen Führungskraft aber sehr wohl. Der Organisationscoach muss immer „das große Ganze“ im Blick behalten – wenn schon nicht analytisch, so doch immer mit einem intuitiven Hören am Puls der Organisation.

Wo findet Organisationscoaching statt?

Praktisch kann Organisationscoaching überall stattfinden: in Workshops, Management-Meetings, Einzelcoachings und so weiter. Theoretisch erzeugt und erhält Organisationscoaching sogenannte Liminality Spaces, innerhalb derer das Klientensystem seine Lösungskompetenz maximiert. Liminality Spaces sind im buchstäblichen und übertragenen Sinn Räume, in denen die Organisation unter Anleitung eines Organisationscoaches ihre Themen bearbeitet, Experimente entwickelt und Lösungen kreiert. Dabei ist entscheidend, dass ein Liminality Space immer innerhalb der Organisation gesetzt wird, möglichst wenig Beeinflussung von außen. Für einen Liminality Space müssen gewisse Parameter gegeben sein, zum Beispiel das Herausarbeiten gemeinsamer mentaler Modelle bei allen Beteiligten.

Wie funktioniert Organisationscoaching?

Egal ob es um Menschen, Teams oder Organisationen geht: Veränderung kann man nicht befehlen. Aber man kann sie im besten Sinne provozieren. Und genau das geschieht im Organisationscoaching. Der Haupteffekt von  Organisationscoaching besteht daher in der konstruktiven Erschütterung routinierter bzw. dysfunktionaler Muster der Organisation durch change trigger irritations. So wie Hofnarren im Mittelalter dem König den Spiegel vorhielten, stellt Organisationscoaching traditionelle Muster in Frage und fördert das Einnehmen neuer Perspektiven. Der Organisationscoach bringt also keine Lösung von außen, sondern versetzt das System in Schwingung und erzeugt einen „Kippunkt der Neuordung“. Dies geschieht sozio- und psychodynamisch durch Inspiration, Irritation und Instruktion.

Wozu dient Organisationscoaching?

Letztlich dient jedes Coaching der Problemlösung des Klientensystems. Die drei Kernziele jedes Organisationscoachings sind daher, wenig überraschend, organisationale Wahrnehmungserweiterung, Entscheidungsfähigkeit und Handlungskompetenz. Wie andere Coachingprozesse für Einzelpersonen oder Teams auch geht es beim Organisationscoaching darum, das Klientensystem zu stärken und aus sich heraus lernen zu lassen. Was auch immer das Problem der Organisation ist: Nach dem Coaching soll die Problemlösekompetenz spürbar und messbar angestiegen sein. Nicht nur für das eigentliche Anliegen, sondern idealerweise auch als Lösungsverstärker für andere Herausforderungen.

Was bringt Organisationscoaching?

Organisationscoaching kann unserer Meinung nach zahlreiche Vorteile für die Wertschöpfung einer Organisation erzeugen:

  • Besser ausgebildete Mitarbeiter durch gezielte persönliche und kollektive Förderung
  • Größeres Mitarbeiter-Engagement durch Eigenverantwortung und Beteiligung
  • Geringere Fluktuation durch höhere Motivation und Zufriedenheit
  • Höhere finanzielle Wertschöpfung durch bewusstere Führung, starke Vernetzung und höhere Innovationsrate

Um in einem eben genannten Bild zu bleiben: Jede Organisation sollte sich einen Hofnarr leisten. Und damit sich hier interne „Querdenker“ nicht aufreiben müssen oder sich die Organisation kulturell aufreibt, kann der Einsatz eines externen Organisationscoaches hilfreich sein. Nicht nur um der Organisation willen – sondern um der Menschen willen, die ihn ihr arbeiten und Tag für Tag ihr Bestes geben.

Quelle

Schmid, Bernd: Was ist Organisationscoaching? https://bibliothek.isb-w.eu/alfresco/d/d/workspace/SpacesStore/cfac057a-ae2b-421f-9a89-f1cc9588f436/147-Organisationscoaching-Schmid_2012.pdf

#NewWorkTransformation: Ein Framework für Organisationen

Es ist eines der wichtigsten Mantras der New-Work-Szene: Für die Transformation einer Organisation hin zu New Work gibt es keine Blaupause. Jede Organisation müsse ihren eigenen Zugang zu New Work, seinen Prinzipien und praktischen Implikationen finden.

So einleuchtend dieses Mantra klingt, so schwierig ist es für Organisationen, es umzusetzen:

  • In der Regel gibt es intern keine „Deep Experts“ zum Thema New Work. Jemand hat vielleicht einen Kongress besucht, die HR-Abteilung studiert das Phänomen mit Interesse oder das Management möchte keine angeblichen Vorteile von „New Work“ verpassen und gibt die Jagd nach dem Heiligen New-Work-Gral als Organisationsziel aus.
  • Viele Organisation basieren immer noch auf traditionellen Paradigmen wie explizit hierarchischer Führung, individuellen, geheimen Zielvereinbarungen oder einer ausgeprägten Silo-Mentalität. Das ist ihnen nicht vorzuwerfen; immerhin sind nicht wenige Organisationen damit erfolgreich geworden. Ein Paradigmenwechsel hin zu New Work und seinen fünf Prinzipien kann damit jedoch schwer von innen her ausgelöst werden.
  • Gerade die Vielfalt an Methoden, Themen und Meinungen verwirrt viele Organisationen – zurecht. Es gibt keinen „Diskurs-Leuchtturm“, an dem sich Organisationen orientieren könnten. So sind sie auf eigene, zeitaufwändige Recherche, interne „Missionare“ und auch das nötige Quäntchen Glück bei der Auswahl der richtigen Ansätze angewiesen (ein schönes Praxisbeispiel hierfür schildert Franziska Beer in Folge 8 unseres Podcast New Work Works).

Die eben genannten Punkte stellen auch wir bei unseren Gesprächen mit Kunden immer wieder fest: Der Geist ist willig, aber das Fleisch bzw. die gefestigte Wissens- und Umsetzungskompetenz ist schwach. Daher haben wir uns bei humanfy entschlossen, ein Framework zu entwickeln, entlang dessen eine Organisation ihr New-Work-Projekt entwickeln kann: die #NewWorkTransformation.

Ein solches Framework sollte folgende Merkmale aufweisen, damit Organisationen es nutzbringend einsetzen können:

  • Verdeutlichen aller wichtigen Elemente eines Frameworks (Struktur, Prozess, Logik) und ihre Verknüpfung untereinander
  • Schaffen einer gemeinsamen Sprache und gemeinsamer Mentaler Modelle für die Organisation
  • Schaffen eines (fixen) Ordnungsrahmens für (flexible) Dynamiken, innerhalb dess sich die Organisation orientieren und sicher bewegen kann
  • Ableiten von qualitativen und quantitativen Zielen
  • Stärken der Autopoiese (Empowerment und Selbstverantwortung)

Auf Grundlage dieser Merkmale haben wir unser Framework #NewWorkTransformation entwickelt, das aus drei Kernelementen besteht: unseren fünf New-Work-Prinzipien, dem Ansatz Objectives & Key Results (OKR) und unserem Organisationscoaching:

Skizze humanfy #NewWorkTransformation Framework

Wie man sieht, bilden die fünf New-Work-Prinzipien Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung und Soziale Verantwortung das Fundament, das jeden Teil des Frameworks durchdringt. Alle Beteiligten operieren auf Grundlage eines vertieften New-Work-Verständnisses, wie es unsere New Work Charta beschreibt. Eine solche Basis verhindert zum Beispiel, dass New Work unkritisch innerhalb der alten Paradigmen umgesetzt wird.

Die dynamische Klammer des Frameworks ist der klassische OKR-Prozess, der bereits bestehende Visionen und Ideen der Organisation aufnimmt und in einem kaskadierenden Prozess eine gemeinsame New-Work-Vision auf- und umsetzt. Entscheidend ist hier die Beteiligung aller Mitarbeitenden, angefangen vom Management über die Führungskräfte, die „New Work Streams“ als Kern der operativen Umsetzung bis hin zu allen weiteren Mitarbeitenden.

Mit unserem Ansatz des Organisationscoachings schließlich unterstützen wir den Prozess als Ganzes, sind Sparringspartner sowie Facilitator und sorgen für Vernetzung und Transparenz. Als gute Coaches geben wir dann Stück für Stück die Verantwortung an die Organisation ab und lassen sie in ihr ganz individuelles New Work hineinwachsen. So schließt sich der Kreis zum anfangs erwähnten Mantra – denn jede Organisation findet tatsächlich ihr eigenes New Work.

Hier findet ihr weitere Details zur #NewWorkTransformation.