Purpose und dreiteilige Wertschöpfung

In unserer New Work Charta sprechen wir unter anderem von einer „dreiteiligen Wertschöpfung“ eines Unternehmens. Was bedeutet das und wie hängt dieser Begriff mit dem vielzitierten „Purpose“ von Unternehmen zusammen? Das wollen wir euch in diesem Artikel näher erläutern.

Nach unserer Erfahrung trägt eine unkritische Verwendung des Begriffs „Purpose“ bei Unternehmen eher zu einer Verwirrung als zu einer Klärung im New Work – Kontext bei. Was soll Purpose sein? Der Begriff bleibt oft nebulös, verwaschen. Im schlimmsten Fall diagnostizieren interessierte Unternehmen ein „sozialromantisches Gerede“, das nicht zu ihrem „harten Business“ passt. Das ist schade, denn Purpose – richtig verstanden – hat positive Auswirkungen auf den Mitarbeiter, den Arbeitsalltag und das ganze Unternehmen.

Die New Work Charta und Purpose

In unserer Charta haben wir dem Unternehmenssinn oder eben dem Purpose ein eigenes Prinzip gewidmet:

Jede Organisation dient einem Sinn, einer Wertschöpfung. New-Work-Organisationen beteiligen ihre Beschäftigten an der Findung und der Vervollkommnung dieses Sinns durch bewusste, strukturierte Prozesse:

1. Arbeit, die man wirklich, wirklich will: New-Work-Organisationen setzen ihre Mitarbeiter nach deren Stärken und Bedürfnissen ein und ermöglichen ihnen, unter Maßgabe des Organisationszwecks, zu wachsen und ihr Potenzial auszuschöpfen.

2. Definieren einer dreiteiligen Wertschöpfung: New-Work-Organisationen können nicht nur ihre finanzielle, sondern auch ihre wirtschaftliche und kulturelle Wertschöpfung klar benennen. Diese Wertschöpfung spiegelt sich in einer selbst-bewussten und sichtbaren Unternehmensidentität wider.

3. Sinnhaftes Gestalten des Alltags: New-Work-Organisationen können jederzeit die Wozu-Frage beantworten, sei es bei Portfolio, Strategie, Organisation oder Technologie. Die Ausgestaltung dieser Dimensionen erfolgt rational und unterliegt der übergeordneten Wertschöpfung.

Die dreiteilige Wertschöpfung

Hier deutet sich bereits an, dass es Purpose auf drei Ebenen gibt:

  1. für den einzelnen Mitarbeiter. Dies drückt sich im New Work in dem Begriff „Arbeit, die man wirklich, wirklich will“ aus. Damit ist nicht Fun und Bällebad gemeint, sondern eine Tätigkeit, die den Stärken und Bedürfnissen des Mitarbeiters bestmöglich entspricht und mit der er sich zum Wohle des Unternehmens einsetzt.
  2. für den Arbeitsalltag. Auch dieser hat durchaus einen Purpose, ein „Wozu machen wir das?“, nämlich in einem operativen Sinne. Unternehmen sind heutzutage vollgestopft mit buchstäblich sinnlosen Aktionen, unnötigen Initiativen und dysfunktionalen Verhaltensmustern. New Work stellt diese Dysfunktionalitäten in Frage: „Wozu machen wir eigentlich dies und das?“ sollte in einer New Work – Organisation gefragt werden dürfen – inklusive einer rationalen, befriedigenden Lösungsfindung, die sich aber in der Zukunft wiederum auf den Prüfstand stellen lässt. Heute Dinge zu machen, bedeutet nicht, dass sie morgen noch sinnhaft sind, auch wenn wir uns daran gewöhnt haben.
  3. für das Unternehmen insgesamt. Jedes Unternehmen hat einen Purpose, ob es will oder nicht. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass jedes Unternehmen ein individuelles soziales System aus Menschen ist, die mit ihren Überzeugungen und Fähigkeiten das kulturelle Feld des Unternehmens prägen. Die Frage ist nur, wie bewusst sich ein Unternehmen mit dem Purpose auseinandersetzt, um sich damit entsprechend zu stärken. Ein Unternehmenspurpose ist nämlich keine Sozialromantik, sondern wirkt sich positiv auf unterscheidliche Funktionen aus: Recruiting, Employer Branding, Arbeitskultur, Entwickeln von Innovationen, das Übernehmen von Verantwortung und vieles mehr.

Für Menschen ist es seit jeher ein Urbedürfnis, die Frage zu beantworten: „Wer bin ich?“, „Wofür bin ich hier?“, „Was ist der Sinn meines Lebens?“ Auch für ein Unternehmen sind dies interessante Fragen: „Wofür sind wir hier?“ „Was wäre ab morgen anders, wenn es uns als Unternehmen nicht mehr geben würde?“ „Was würde der Welt fehlen?“

Warum ist das interessant? Nur ein Beispiel: Wenn alle Mitarbeiter hinsichtlich des Unternehmenssinns, des tieferen Ziels ihres Unternehmens ein Bewusstsein teilen, laufen sie viel schneller in eine Richtung, wenn diese verändert werden muss – durch eine Marktveränderung, eine Krise oder ähnliches. Man teilt gemeinsame Werte und eine gemeinsame Einschätzung der Situation – eben durch die gemeinsame Unternehmensidentität, den Purpose. Dadurch hat man beispielsweise bei Projekten zu Transformation und Change viel weniger Diskussionsbedarf bzw. Irritationen. In einer dynamischen Welt von „hartem Business“ ist es darum auch für traditionell eingestellte CEOs, Geschäftsführer und Führungskräfte sinnvoll (!), über Purpose in ihrem Unternehmen nachzudenken.

Purpose und Financial Value

Der aufmerksame Leser hat registriert, dass wir noch nicht über den Financial Value gesprochen haben. Dieser gehört streng genommen nicht zum Purpose (wie es auch die Grafik verdeutlicht). Gute Zahlen sind vielleicht das operative Ziel eines Unternehmens, aber nie der Sinn. Das wird von vielen Führungskräften leider immer noch verwechselt. Aber wenn man NUR Gewinn und Marge sieht und die Bedeutung vor allem von People Value missachtet, erzeugt man keine Nachhaltigkeit, kein Engagement und keine Loyalität. Und das ist etwas, das sich zukunftsorienterte Unternehmen immer weniger leisten können.

BrandEins mit Ausgabe „New Work“

Unser Medienpartner, das Wirtschaftsmagazin BrandEins, widmet sich in seiner März-Ausgabe dem Thema New Work, unter anderem mit diesen Artikeln:

  • Der trügerische Segen der Vollbeschäftigung: Immer mehr Menschen haben Arbeit – aber viele nicht genug, um davon anständig leben zu können. Der britisch-amerikanische Ökonom David G. Blanchflower über die verhängnisvolle Neigung von Regierungen, nur auf hohe Beschäftigtenzahlen zu blicken.
  • Das Ende der Maloche: Werden Roboter und künstliche Intelligenz Jobs vernichten? Zunächst ja, doch in 30 Jahren könnten sie die Arbeit und das Leben sehr angenehm machen, sagt das Zukunftsbild „Arbeit 2050“.
  • Etwas Sinnvolles tun: Seit etwa einem Jahr finanziert der Staat Jobs für ehemals Langzeitarbeitslose. Was hat sich durch die Neuregelungen geändert? Erkundigungen in Hennigsdorf.
  • Von den Alten lernen: Mit New Work passt sich die Arbeitswelt an die nächste Generation an. Aber was haben die Unternehmen davon?

Ihr könnt das Heft hier online kaufen. Viel Spaß!

Recoupling: Ein neuer Ansatz zur Wohlstandsmessung

Symbolbild Recouling Dashboard

Ein deutsches Forscherteam unter dem Namen „Global Solutions Initiative“ hat ein neues Instrument zur Wohlstandsmessung der Nationen veröffentlicht, das sogenannte Recoupling Dashboard:

The Recoupling Dashboard is a country-specific research tool to measure the wellbeing of societies beyond GDP and illustrates the correlation of economic prosperity, social prosperity and environmental sustainability. The Recoupling Dashboard harmonizes social prosperity in two innovative new indexes (agency and solidarity) alongside two traditional indexes (economic prosperity through GDP and environmental performance) to capture these fundamental dimensions of human wellbeing.

Das Recoupling Dashboard kombiniert vier Indizes pro Land: Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Bildung, Bruttoinlandsprodukt und Ökologie. Auch für Deutschland haben sie ihr Dashboard berechnet:

© Global Solutions

Und wer hätte das gedacht: Auch unser Finanzminister Olaf Scholz (SPD) unterstützt augenscheinlich die Initiative.

© Global Solutions

Interessant, dass sie so gar nirgendwo auftaucht (wir selbst sind durch ein Interview mit den Forschern in der ZEIT auf das Projekt aufmerksam geworden). Wer mag, kann sich auf der Homepage von Global Solutions ausführlicher über das Dashboard informieren; dort gibt es auch Indizes für andere Länder (USA, Brasilien etc.).

Community-Projekt: Friends In Box

Teamfoto Freinds In Box

Raagnar Feldmann von Friends In Box hatte Markus im November 2019 zu einem New-Work-Impuls eingeladen. Markus war beeindruckt, was FIB auf die Beine stellt und hat Raagnar zu New Work bei FIB interviewt:

Was ist euer persönlicher Zugang zu New Work?

Wir haben als Agentur für gelebte UnternehmensKultur schon lange den Blick auf die Motivation der Mitarbeiter einer Organisation. Ich selbst habe nach der Idee, die Menschen über ein Personal-Training gesund zu halten gemerkt, dass es mehr geben muss. So bin ich 2015/2016 über den Gedanken einer anderen Form des Arbeitens auf die evolutionäre Idee des NewWorks gestoßen. Neben Frithjof Bergmann, Frederic Laloux hat mich auch ein Keynote-Vortrag von Markus inspiriert, mich auf den Weg zu machen.

Wie versucht ihr in eurer Initiative, New Work umzusetzen?

Nach dem Anstoß, die eigene Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel der Selbstführung in Transformation zu bringen, befinden wir uns voll im Prozess! Dauerndes Abgleichen der demokratischen Strukturen zur Entscheidungsfindung. Selbstverantwortung mit einem hohen Maß an Selbstorganisation. Das sind nur einzelne Inhalte, die uns in die authentische UnternehmensKultur mit der Ausrichtung zu NewWork bringen sollen.

Wie war euer Weg dorthin?

Seid 2014 haben wir viel an unserem Raum-Setting gearbeitet. Wie wollen wir arbeiten und gemeinsam in Berufung sein? Das waren die Leitfragen. Kreative Inhalte für unsere Kunden sichtbar zu machen, wurden zur Aufgabe des gesamten Teams! Und immer die Frage dahinter: „Wer soll das visualisierte Image tragen?“ Also, wie „echt“ ist unser Kommunikationsbeitrag im Vergleich zu der tatsächlich gelebten Kultur, der zu begleitenden Unternehmen.

2018 kam dann die Idee auf, einen Raum zu schaffen, der Menschen zu Kreativität in der Begegnung und in Emotion über den Erfahrungsaustausch bringt. Die Idee des GrowWorkLab war geboren! November 2019 erweiterten wir unsere Agentur mit dem GrowWorkLab-Projekt. Nun ist es möglich, KooperationspartnerInnen über eine Partizipation in CoWork zu erreichen. Wir holen den Bedarf unserer Kunden zu uns und schaffen durch die Arbeitskultur im GrowWorkLab (CoWork) den Fokus auf kreative Projektentwicklung.

Was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert?

Gut ist die Idee des „ganzheitlichen“ Betrachtens von Unternehmen. Dies stellt auch ein Alleinstellungsmerkmal unserer Agentur dar. Jedoch waren die Kunden in letzter Konsequenz nicht immer bereit, den tiefen Einblick in ihre Führungs- und Verhaltensprozesse zu gewähren.

Auch die Akzeptanz im eigenem Team wird immer wieder auf die Probe gestellt. Das verlangsamt einiges. Auch ist die Eigenverantwortung stark strapaziert, um ein passendes Beteiligungsmodell der einzelnen Teamer zu finden – oder gar aus der Identität zum Unternehmen und dessen Zweck ein persönliches Beteiligungsmodell abzuleiten. Das sind echt harte Brocken der Transformation in Neue Arbeit.

Was können andere aus eurem New-Work-Weg lernen?

Die Haltung zu dieser essentiellen Entwicklung in die Neue Arbeitskultur muss passen und immer wieder evaluiert werden. Der eigene Entwicklungsprozess lässt eine Gemeinschaft erst in Handlung kommen. Diese Authentizität schafft Vertrauen bei aufgeschlossenen Unternehmen und Kooperationspartner im „Wandel zur Neuen Arbeit“.

Was braucht ihr, damit sich eure Initiative weiterentwickeln kann?

MultiplikatorInnen in der ehrlichen und offenen Zusammenarbeit sind wichtig, um ein Gelingen
der Initiative zu erreichen. Diese Transformation ist kein Wettbewerb. Kooperation und
Kollaboration bedeuten ein gemeinsames Ziel zu haben- nicht der erste und einzige NewWorker
zu sein.!

Darüber braucht es das Bewusstsein, dass Kreativität, Wissen und Emotion eine Wertschätzung
erhalten, die auch ein gesundes monetäres Honorar mit sich bringt. Wissen und dessen Transfer
zum Lebenslangen-Lernen sollten eine klare Wertschöpfung ermöglichen. Und zwar auf allen
drei Ebenen: kulturell, gesellschaftlich und finanziell.!