Podcast-Folge #46

Über New-Work-Nebenwirkungen und organisationale Veränderung | Mit Klaus Eidenschink

Kernaussagen

  • Ambiguitätstoleranz, das Aushalten zweier gegensätzlicher Pole, ist nicht nur eine  Schlüsselkompetenz für Organisationen. Auch New Worker brauchen diese Fähigkeit, damit sie nicht in einen missionarischen Eifer verfallen.
  • Organisationen brauchen Verliererkompetenz und das Loslassen eigener Ergebnisse, weil man sich sonst in Revierkämpfen und Silokriegen verliert.
  • Vordergründig positiv besetzte Werte wie Freiheit oder Selbstverantwortung können als unpassend oder übergriffig erlebt werden, da sich nicht jeder Mitarbeiter in ihnen wiederfindet. Dann wandelt sich Philosophie zur Ideologie.
  • Auch ein mächtiges Management steht unter „Modenzwang“, immer etwas Neues, zum Beispiel New Work, ausprobieren zu müssen. Ansonsten ist es bald als altmodisch verschrien.
  • Veränderungsdynamik an sich ist kulturell durch Sprache und Denken geprägt und muss in Projekten thematisiert werden. Veränderung um der Veränderung willen ist unangemessen.
  • Oft geht es bei Veränderung um den Umgang mit Angst. Erfolgreiche Veränderungsarbeit stellt sich der individuellen und der organisationalen Angst und produziert keinen unangemessenen Alibi-Aktionismus.
  • Man muss mit dem Kunden „vom Anliegen zum Auftrag“ kommen, indem man seine Erwartungen „kunstvoll frustriert“. Das ist mit der neuen Generation von Führungskräften auch besser möglich, weil diese eine größere Tendenz zur Reflexion mitbringen.

Zitate

Es wäre ein Merkmal von Agilität, sich dafür entscheiden zu können, nicht agil zu sein. Weil wenn Agilität mich festlegt auf Agilität, bin ich ja nicht mehr agil, sondern ich bin ‚zwangsagil‘ und verliere die Freiheit, die ich unter dem Label Agilität oder die Selbstverantwortung und so weiter unter dem Label Agilität eigentlich propagiere. Das meine ich mit dem ‚Ich setze mich auf die Seite des Guten oder auch des Richtigen‘ und dann wird es zur Selbstfesselung.“

„Also das ist eigentlich im Prinzip das alte demokratische Prinzip: Die Opposition muss wählbar sein, sonst gibt es keine Demokratie mehr. In dem Moment, wo man sich so das Abitur abspricht, wie das in Teilen jetzt in Amerika stattfand oder stattfindet, oder wenn eben dann die Opposition ausgeschalten wird, wie in manchen europäischen Ländern das immer mehr passiert, dann ist es keine Demokratie mehr, weil es suggeriert wird, wenn man die Opposition wählt, dann fährt das Land in den Abgrund. Und dieses „im Spiel halten“ verworfener Alternativen, die per se sinnvoll sind: Das ist etwas, was meines Erachtens der ganzen New-Work-Bewegung unheimlich gut zu Gesicht stünde.“

Viele Meetings sind dann Muskelkrampf, weil Verlieren nicht genauso gut beleumundet ist wie Gewinnen und Sich-durchsetzen. Und darum brauchen Organisationen, je komplexer ihre Bedingungen sind, Verliererkompetenz. [..] Dieses sich mit der eigenen Meinung, mit der eigenen Haltung nicht zu identifizieren, sondern das eigene Selbstverständnis davon und auch den eigenen Selbstwert davon unabhängig zu machen: Das halte ich tatsächlich für Arbeiten in modernen Organisationen für unerlässlich und das muss gelernt werden.

Person

Klaus Eidenschink arbeitet seit über 30 Jahren als Berater, Coach und Psychotherapeut. Gemeinsam mit seinem Team hat er eine „Metatheorie der Veränderung“ entwickelt und begleitet Organisationen aus einer systemischen Sichtweise heraus.

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